Kristallmarathon

Ein Marathon im Bergwerk – 500 Meter unter Tage. Irgendwie eine echt crazy Idee, die mir gut gefallen hat. Bereits 2022 war ich für den Lauf angemeldet, allerdings musste dieser wg. Corona abgesagt werden. So meldete ich mich erneut an und hatte 2023 Glück, dass der Lauf stattfinden konnte. Es sollte mein erster Lauf in einem Bergwerk werden und dann gleich ein Marathon – 13 Runden mit jeweils etwa 3,3 km und insgesamt 750 Höhenmetern.

Im Januar und Februar hatte ich mich gut auf den Marathon vorbereitet, lief jede Woche einen Halbmarathon oder bis zu 30 km am Stück. Trotzdem war der Lauf im Bergwerk etwas besonderes, ich konnte nicht einschätzen, wie es läuft und wie ich mich im Berg fühlen würde.

Für mich ging es am Lauftag früh los. In der Dunkelheit startete ich in Bamberg bei einer vom Schnee überzuckerten Landschaft. 180 km waren es bis zum Erlebnisbergwerk Merkers, in dem der Kristallmarathon stattfinden sollte. Dummerweise wurde der Schnee mehr und kurz nach Coburg war auch die Autobahn weiß. Glücklicherweise ging es trotzdem gut zu fahren, nur etwas langsamer. So erreichte ich etwas später als geplant das Bergwerk mit den zwei Aufzugstürmen.

Ankunft am Bergwerk

Ein Parkplatz war schnell gefunden, und das Tageslicht mit etwas Sonnenschein nahm ich bewusster war, als sonst. Vielleicht spürte ich, dass es in den kommenden Stunden nur künstliches Licht geben sollte. Aber eigentlich hatte ich keine genauen Vorstellungen, was mich im Berg erwarten würde.

Die Startnummer war schnell geholt und anschließend ging es mit dem Aufzug in weniger als 2 Minuten auf 500 Meter unter Tage. Unten angekommen, mussten wir durch eine Luftschleuse, bevor wir auf LKWs knapp 10 Minuten durch die Stollen fuhren, bevor wir die große Halle erreichten, in der der Start- und Zielbereich lag.

Vor dem Start

Ich erreichte die große Halle um kurz nach 9 Uhr, mein Start war um 11 Uhr. So hatte ich ausreichend Zeit, mich etwas umsehen zu können und an die Luft und Temperatur zu gewöhnen. Es war eine trockene Luft mit etwa 21 Grad. Aber durch den ständigen Luftzug empfand ich die Temperatur nicht als zu warm. In der Halle konnte man sich auch umziehen, es gab ausreichend Stühle, auf denen Taschen gelagert werden konnten. Eine Umkleide gab es nicht, auch die Duschen waren über Tage.

Der erste Start war für 10 Uhr geplant. Davor erwartete die Läufer*innen erst noch eine Lasershow und anschließend das Steigerlied.

Lasershow vor dem Start

10 km Lauf

Um 10 Uhr war es soweit, der erste Start erfolgte und die Läufer*innen über 10 km gingen auf die Strecke. 3 Runden galt es zu absolvieren. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, was mich erwarten würde. Ich hatte nur die nahe der großen Halle gelegenen Abschnitte gesehen. Mein Vereinskollege Karl war auf dieser Strecke unterwegs und für ihn lief das Rennen sehr gut. Am Ende wurde er mit 46:04 Minuten erster in der AK M60.

Ich vertrieb mir währenddessen noch etwas die Zeit und spürte etwas Nervosität aufsteigen. Es ist doch etwas anderes, als einen Marathon in der Natur oder einer Stadt über Tage zu laufen.

Die Zeit schritt voran und endlich war es soweit. Startaufstellung und nun dauerte es nicht mehr lange bis zu meinem ersten Marathon im Bergwerk.

Der Marathon im Berg

Der Start für Halbmarathon und Marathon erfolgte gemeinsam. Insgesamt gingen etwa 400 Läufer*innen auf den Rundkurs, verteilten sich aber nach den ersten Runden sehr gut, so dass es niemals eng wurde. Nach dem Start liefen wir durch die große Halle, angefeuert durch die Zuschauer*innen und 10 km-Läufer*innen und bogen nach links ab. Es ging vorbei an der ersten Versorgungsstation und es folgte der erste Anstieg, der es in sich hatte! Oben angekommen liefen wir in einem Auf-und-Ab durch die Stollen, bogen nach links oder rechts ab und hatten immer die Stollendecke über uns.

Es wäre so leicht, hier unten die Orientierung zu verlieren, fehlten doch Anhaltspunkte, die über Tage vorhanden sind. Aber glücklicherweise war man nicht alleine unterwegs und die Stollen abgesperrt, in die man nicht laufen sollte. Aber auch unter Tage gab es für mich Orientierungspunkte: ein grüner Ballon oder Ball am Wegesrand oder bei der Steigung zur zweiten Versorgungsstation ein Haufen mit Kalisalzbrocken.

Nach etwa 1,5 km erreichten wir die zweite Versorgungsstation, die nach einem anspruchsvollen Anstieg lag. An dieser vorbei, ging es nahezu eben weiter, um eine Kurve und dann folgte die lange Gerade… Auf Dauer einer der anstrengendsten Abschnitte für mich. Es ging bergauf, zwar nicht steil, aber es zog sich, war dunkler und der Luftzug kühler. Oben angekommen wies uns ein Schild auf 15% Gefälle hin, das uns nach der Linkskurve erwartete. Anschließend liefen wir auf eine Stelle zu, an der ein Mitarbeiter die Läufer*innen anfeuerten, bevor es nach ein paar Kurven wieder bergab zur Wende ging. Nun war es zum Rundenende in der großen Halle nicht mehr weit und es ging eigentlich nur noch bergab.

Am Zieldurchlauf wurden die einzelnen Läufer*innen mit den jeweiligen Rundenzahlen angezeigt. Somit war eine offene Frage geklärt, ob ich mir die gelaufenen Runden merken muss oder wie ich weiß, wie viele ich bereits gelaufen bin. Die erste Runde lief ich mit einer Pace von 5:00 min/km in 16:16 min.

Die weiteren Runden

Ich lief am Publikum vorbei, bog links ab und lief dieses Mal noch an der Versorgung vorbei und den Berg hoch. Das Tempo wurde zwar etwas langsamer, aber es lief gut. Auch den zweiten größeren Anstieg zur nächsten Versorgung lief ich ohne Probleme hoch, ich fühlte mich fit. Insgesamt wurde ich auf der zweiten Runde aber langsamer und benötigte für diese 17:21 min, also eine Minute mehr. Auch die dritte Runde lief noch gut, zwar wurde ich nochmals langsamer, blieb aber unter 20:00 min für die Runde und lag nach 10 km bei etwa 52 Minuten.

Mit der Zeit merkte ich aber, dass das Laufen im Bergwerk an mir zehrte. Die Anstiege, aber auch die Luft wurden mehr und mehr zur Belastung. Dazu kam der Helm und die Stirnlampe, die mich gefühlt einengten.

Lief ich anfangs an den Versorgungsstationen vorbei, nutzte ich ab der dritten Runde jeweils eine Station und kurz darauf beide Stationen. Allerdings aß ich zu wenig, was sich später bemerkbar machte. Die Anstiege wurde von Runde zu Runde anstrengender und neben mir gingen immer mehr Läufer*innen diese. Nach der 7. Runde wurde das Feld kleiner und die Abschnitte, an denen ich alleine unterwegs war länger. Immer mehr Halbmarathon-Läufer*innen beendeten das Rennen und ich hatte noch einige Runden vor mir. Ich selbst lag nach der 7. Runde bei etwa 2:02 Std., was mich überraschte. Mir war klar, dass die Zeit nicht gut war, aber dass ich über 2 Std. unterwegs sein würde, hätte ich nicht gedacht.

Spätestens ab der 8. Runde wurde der Lauf zu einer reinen Kopfsache – durchhalten und den Marathon finishen! Das war mein Ziel. Aber es wurde immer schwerer, mir fehlte der Flow, den ich von anderen Läufen kannte, wenn ich einfach dahinlaufe. Unter Tage kamen mir eher Gedanken wie, was tun, wenn etwas passiert oder ich spürte den Druck der Stirnlampe, auch das Atmen fiel mir schwerer im Laufe der Zeit. So kam es, dass ich für die einzelnen Runden immer länger benötigte: 21:50 – 22:18 – 25:02 min.

Aber irgendwann, gefühlt nach einer Ewigkeit, war es soweit: ich hatte nur noch noch 2 Runden zu laufen. Puh, das tat gut. Nun konnte ich mir bei jeder Stelle sagen, nur noch einmal vorbeilaufen…

Endspurt

Ein letztes Mal lief ich durch die große Halle, die Uhr zeigte wirklich an, dass ich nur noch eine Runde benötigte. Das wäre das schlimmste gewesen, wenn ich mich verzählt hätte oder unaufmerksam gewesen wäre und es noch zwei Runden gewesen wären. Aber alles gut… Auf zur letzten Runde! Ein letztes Mal am Publikum vorbei, Stopp an der ersten Versorgungsstation und den Berg hochgehen. Auf dieser letzten Runde fiel mir das Laufen immer schwerer und die Geh-Passagen wurden länger. Aber was solls, es sind nur 3 km und wenn ich alles gehen muss, komme ich auch im Ziel an.

Meine Beine schmerzten und auch der Magen fühlte sich nicht besonders gut an. Irgendwie lief es nicht mehr gut. Aber mit Willenskraft ging es immer weiter! Nochmals bergauf zur zweiten Versorgung, nochmals die lange Gerade und anschließend 15% bergab. Schließlich die spitze Wende, ein letzter kleiner Hügel und nur noch bergab. Ich wusste, jetzt ist es geschafft… Das Ziel kam näher und nach 4:42:04 Std. passierte ich ein letztes Mal die Ziellinie. Ich hatte es geschafft!

Nach einer längeren Verschnaufpause ging es wieder über Tage. Dazu erst ein kurzer Fußmarsch, die Fahrt mit dem LKW und wieder mit dem Aufzug nach oben. Ich war froh, wieder am Tageslicht zu sein.

Mein Resümee

Was soll ich sagen, es war ein krasses Erlebnis. Ich war überrascht, wie ruhig es während des Laufs war. Bei anderen Läufen wird geredet und man unterhält sich. Aber hier fiel mir eher das Gegenteil auf. Irgendwie waren alle mit sich selbst beschäftigt und es war eher ruhig in den Stollen. Auch überraschte mich, wie groß die einzelnen Stollen waren und wie gut die Luft war. Zwar wurde das Atmen im Laufe des Marathons anstrengender, aber ich denke, es lag an mir.

Würde ich nochmals starten? Vielleicht – aber sicher nicht mehr über die Marathondistanz. 3 Runden, wie beim 10km Lauf oder 7 Runden für den Halbmarathon sind definitiv genug. Ich möchte es aber nicht missen, einen Marathon 500 Meter unter Tage gelaufen zu sein.

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